In meinem Hostel in Córdoba gab es jeden morgen zum Frühstück einen Teller mit Toast, Marmelade und Rührei. Getränke und weiteres Frühstückszubehör gab es auf einem separaten Buffet-Tisch. Eines verschlafenen Morgens holte ich mir meinen Teller ab, setzte mich an einen Tisch und probierte das Ei. Es konnte noch ein kleines bisschen Salz vertragen. Da auf dem Tisch nur Zucker stand, holte ich mir ein kleines Tütchen vom Buffet-Tisch.
Hier muss man wissen, dass zur Zeit in Argentinien eine große ˋSalz- ist-ungesund´-Kampagne läuft mit der der Salzkonsum der Bevölkerung reduziert werden soll. Im Rahmen dieser Kampagne wurden die Salzstreuer von den Tischen der Restaurants verbannt und werden nur auf Nachfrage gebracht.? Besonders beliebt ist auch eine Art Diät-Salz, das weniger salzig als das reguläre Salz ist (und man dementsprechend mehr davon braucht). Auch Pfeffer sucht man vergeblich, aber der ist anscheinend nur nicht so üblich wie in Deutschlands Küchen. So kommt es, dass etliche Speisen die Restaurantküchen oftmals kaum bzw. ungesalzen verlassen. Eigentlich eine lobenswerte Kampagne, denn nachsalzen ist ja recht schnell gemacht und wenn es die Gesundheit fördert, um so besser.
Was mich allerdings an diesem Morgen am Frühstückstisch wunderte als ich die extrem süße Marmelade probierte, war, dass interessanterweise wohl noch keiner auf die Idee gekommen ist, mal den enormen Zuckerkonsum ins Auge zu fassen. Und gezuckert wird in Argentinien ohne Ende, das fängt morgens mit dem Karamell-Brotaufstrich dulce de leche an und zieht sich durch alle quietsch süßen Gebäckteilchen im Laufe des Tages. Und obwohl man mir einem süßen Zahn nachsagt, bin ich gegen die geballte Süße der hiesigen Nachtische und Gebäckteile (wie den Alfajores-Keksen) oftmals nicht gegen angekommen und beließ es beim einmaligen probieren. Selbst das im Supermarkt gekaufte Vollkornbrot war gesüßt und auch das Rührei an diesem Morgen schmeckte süßlich.
Ich frühstückte weiter und zwei junge Mädels gesellten sich zu mir an den Tisch. Sie kamen aus einem Dorf in der Nähe und waren zum Feiern in die Stadt gekommen. Dies hatten sie anscheinend am Vorabend auch tüchtig getan, denn sie wirken extrem verkatert und verschlafen. Die Jüngere der beiden wunderte sich nur, wie man denn Ei zum Frühstück essen könnte, und knabberte an ihrem Marmeladentoast rum. Währenddessen versorgte ihre Schwester die beiden mit Kaffee. Verträumt stand die Jüngere daraufhin auf, holte sich ein Tütchen vom Buffet-Tisch und kippte das Pulver in ihren Kaffee. Erstaunt fragte ich sie, ob sie sich absichtlich Salz in den Kaffee geschüttet hätte. Dies verwirrte sie total und sie sah sich das Tütchen nochmal näher an. „Aber das ist doch Süßstoff!“, sagte sie. Und tatsächlich, in all den verschiedenen Tütchen auf dem Buffet-Tisch war Süßstoff drin, natürlich in der hier üblichen Pulverform. Ich hatte mir einfach das kleinste weiße Tütchen geschnappt ohne zu lesen was drauf stand. Kein Wunder, dass das Ei an dem Morgen so süß schmeckte. Salz hätte ich wohl nur beim Koch in der Küche bekommen.
Fazit Nr. 1: wenn man die Marken und Logos der Produkte nicht kennt, sollte man sich vielleicht doch besser die Beschriftung durchlesen, denn so manch eine Verpackung enthält etwas unerwartetes.
Fazit Nr. 2: einpaar kräftige Lacheinheiten am frühen Morgen wecken die Lebensgeister und vertreiben so manch einen Kater.