Karma

Über den Wolken
Über den Wolken

Auf dem Weg nach Patagonien hatte ich mir hinten im Flugzeug einen schönen Platz am Gang reserviert und war auch beim Einsteigen zufälligerweise eine der ersten. Nach und nach kamen die anderen Passagiere an, und um mich herum waren viele Argentinierinnen, die einpaar Köpfe kleiner waren. Das hätte natürlich zur Folge, dass viele nicht richtig an die Gepäckfächer dran kamen und Schwierigkeiten hatten ihr überpacktes Handgepäck zu verstauen. Besonders geil war ein Herr, der sich direkt hinsetzte und bequem sitzend seiner kleinen Frau Anweisungen gab wie sie das Gepäck zu verstauen hätte. Die arme Frau kriegte ihre Tasche aber noch nicht mal auf die Höhe des Gepäckfachs gehoben. Der Steward im Gang schaute sich die Bemühungen der Passagiere gelangweilt an, machte aber keine Anstalten einzugreifen. Da ich ja eh nichts besseres zu tun hatte, dachte ich mir ich helfe mal aus. Also verstaute eine Tasche nach der anderen und die Ladies nahmen die Hilfe gerne an. So ging auch die Wartezeit zügig vorüber. 


Schmitzita vor dem Gletschersee

Kurz vor Abflug kam dann der Steward mit einer Frau und einem Kind im Schlepptau zu meiner Sitzreihe und sagte dem Kind es solle sich auf den Platz neben mich setzen. Der Mutter sagte er, sie solle doch ihren Platz neben dem Ehemann in der Flugzeugmitte einnehmen. Die Familie hatte bei der Sitzplatzauswahl wohl nicht die Hinweise gelesen, dass auf einigen Plätzen keine Kinder sitzen dürfen. Die Trennung von der Mutter fand das Kind total schrecklich. Es fing direkt an zu heulen und eine Szene zu machen. Da der Flieger ziemlich voll war, gab es auch keine zwei Plätze nebeneinander mehr. Bevor sich hier noch ein Drama abspielte, bot ich der Mutter meinen Platz an.

Fast hätte ich einen Platz am Notausgang bekommen, aber dort darf man keine Handtaschen haben und die Gepäckfächer waren bereits voll. Also wies der Steward mir einen anderen Platz am Gang zu.

Der Gletscher ‚El Tronador‘

Bei der Ankunft hatte ich allerdings die A-Karte gezogen, denn mein Rucksack befand sich noch im Gepäckfach über meinem alten Sitz am Flugzeugende. Also musste ich warten, bis alle anderen Passagiere an mir vorbeigegangen waren und konnte dann erst meinen Rucksack holen. Das war zwar etwas ärgerlich, aber dafür hatte ich meine gute Tat des Tages erledigt.

Am nächsten Tag hatte ich das ganze schon wieder vergessen, doch in der Stadt grüßten mich immer wieder Leute aus dem Flieger und eine Dame stellte mich begeistert ihrer Familie als Taschenhelferin und Platztauscherin vor.

Ein See im Gletscher-Nationalpark

Am nächsten Tag machte ich dann einen Tagesausflug nach San Martín de los Andes. Vor mir saßen zwei ältere Ladies, mit denen ich mich nett unterhielt und denen ich beim Aussteigen ab und zu eine Hand anbot. Insgesamt war die Reisegruppe ganz nett. Und der Ausflug war schön, aber auch anstrengend. Auf der Rückfahrt fragten mich dann die beiden Ladies, ob ich am übernächsten Tag Lust hätte einen weiteren Ausflug ins malerische Örtchen El Bolsón zu machen. Sie hatten den Ausflug schon gebucht, aber schon bereits zwei Tagesausflüge hinter sich und waren nun zu müde noch einen Ausflug zu machen. 

Der Gletscher und seine kleinen Schmelz-Wasserfälle

Eigentlich hatte ich ja nicht vor, noch so ein malerisches Dorf zu besuchen, sondern wollte mir den Gletscher „El Tronador“ im Nationalpark ansehen, aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Also hab ich das Angebot gerne angenommen und da der Ausflug für zwei Personen war,  hab ich direkt meiner Reisebekanntschaft aus Belgien gesagt, dass wir Ausflugspläne für meinen letzen Tag in Bariloche haben.

Wie es der Zufall so will, rief mich abends dann das Reiseunternehmen an und fragte ob wir nicht das ziel ändern könnten; anstelle des Dorfes zum Nationalpark und zum Gletscher. Volltreffer, da war ich sofort dafür! Manchmal muss man auch einfach nur mal Glück haben, irgendwie fügt sich schon alles.

Nach dem Ausflug habe ich den beiden Ladies als Dankeschön auch etwas Leckeres zu Knabbern und zu Trinken im Hotel hinterlegt, sie aber leider nicht mehr persönlich angetroffen.

Der Gletscher ‚El Tronador‘ und der Gletschersee


Das Frühstücksei ?

In meinem Hostel in Córdoba gab es jeden morgen zum Frühstück einen Teller mit Toast, Marmelade und Rührei. Getränke und weiteres Frühstückszubehör gab es auf einem separaten Buffet-Tisch. Eines verschlafenen Morgens holte ich mir meinen Teller ab, setzte mich an einen Tisch und probierte das Ei. Es konnte noch ein kleines bisschen Salz vertragen. Da auf dem Tisch nur Zucker stand, holte ich mir ein kleines Tütchen vom Buffet-Tisch.

Hier muss man wissen, dass zur Zeit in Argentinien eine große ˋSalz- ist-ungesund´-Kampagne läuft mit der der Salzkonsum der Bevölkerung reduziert werden soll. Im Rahmen dieser Kampagne wurden die Salzstreuer von den Tischen der Restaurants verbannt und werden nur auf Nachfrage gebracht.? Besonders beliebt ist auch eine Art Diät-Salz, das weniger salzig als das reguläre Salz ist (und man dementsprechend mehr davon braucht). Auch Pfeffer sucht man vergeblich, aber der ist anscheinend nur nicht so üblich wie in Deutschlands Küchen. So kommt es, dass etliche Speisen die Restaurantküchen oftmals kaum bzw. ungesalzen verlassen. Eigentlich eine lobenswerte Kampagne, denn nachsalzen ist ja recht schnell gemacht und wenn es die Gesundheit fördert, um so besser.

Was mich allerdings an diesem Morgen am Frühstückstisch wunderte als ich die extrem süße Marmelade probierte, war, dass interessanterweise wohl noch keiner auf die Idee gekommen ist, mal den enormen Zuckerkonsum ins Auge zu fassen. Und gezuckert wird in Argentinien ohne Ende, das fängt morgens mit dem Karamell-Brotaufstrich dulce de leche an und zieht sich durch alle quietsch süßen Gebäckteilchen im Laufe des Tages. Und obwohl man mir einem süßen Zahn nachsagt, bin ich gegen die geballte Süße der hiesigen Nachtische und Gebäckteile (wie den Alfajores-Keksen) oftmals nicht gegen angekommen und beließ es beim einmaligen probieren. Selbst das im Supermarkt gekaufte Vollkornbrot war gesüßt und auch das Rührei an diesem Morgen schmeckte süßlich.

Ich frühstückte weiter und zwei junge Mädels gesellten sich zu mir an den Tisch. Sie kamen aus einem Dorf in der Nähe und waren zum Feiern in die Stadt gekommen. Dies hatten sie anscheinend am Vorabend auch tüchtig getan, denn sie wirken extrem verkatert und verschlafen. Die Jüngere der beiden wunderte sich nur, wie man denn Ei zum Frühstück essen könnte, und knabberte an ihrem Marmeladentoast rum. Währenddessen versorgte ihre Schwester die beiden mit Kaffee. Verträumt stand die Jüngere daraufhin auf, holte sich ein Tütchen vom Buffet-Tisch und kippte das Pulver in ihren Kaffee. Erstaunt fragte ich sie, ob sie sich absichtlich Salz in den Kaffee geschüttet hätte. Dies verwirrte sie total und sie sah sich das Tütchen nochmal näher an. „Aber das ist doch Süßstoff!“, sagte sie. Und tatsächlich, in all den verschiedenen Tütchen auf dem Buffet-Tisch war Süßstoff drin, natürlich in der hier üblichen Pulverform. Ich hatte mir einfach das kleinste weiße Tütchen geschnappt ohne zu lesen was drauf stand. Kein Wunder, dass das Ei an dem Morgen so süß schmeckte. Salz hätte ich wohl nur beim Koch in der Küche bekommen.

Fazit Nr. 1: wenn man die Marken und Logos der Produkte nicht kennt, sollte man sich vielleicht doch besser die Beschriftung durchlesen, denn so manch eine Verpackung enthält etwas unerwartetes.

Fazit Nr. 2: einpaar kräftige Lacheinheiten am frühen Morgen wecken die Lebensgeister und vertreiben so manch einen Kater.

Ein Hundeleben in Argentinien

Straßenhund in El Calafate

Das es in Südamerika mehr Hunde auf der Straße gibt als bei uns, war mir schon vor der Abreise bewusst. Besonders im Norden in den kleinen Andendörfern gibt es verhältnismäßig viele freilaufende Hunde. Die meisten sind Mischlinge aus größeren Hunderassen und man kann das Erbgut von Schäferhunden, Pitbulls, Boxern, Labradoren und ähnlichem erkennen.
Doch die Situation ist zum Glück nicht so schlimm wie befürchtet und mein Eindruck ist, dass die Argentinier den Straßenhunden recht freundlich begegnen. Sie stecken den Hunden ab und an Essen zu, so dass die meisten doch wohl genährt scheinen. Auch vom Verhalten her sind die Hunde ziemlich entspannt, sie schlafen gerne mal mitten auf dem Bürgersteig, der Straße, in Restaurants oder Parks, und ganz selbstverständlich steigt man über sie drüber oder geht drum herum. In Patagonien sind auch etliche ältere Semester dabei und der ein oder andere davon hat sich tüchtig Winterspeck angefressen. Anscheinend gibt es hier auch Organisationen die sich um Kastration, Adoption und ähnliches kümmern.

Meine vierbeinigen Freunde in Tilcara, Argentinien

Meine vierbeinigen Freunde
Als ich ziemlich müde und orientierungslos im kleinen Andendorf Tilcara am Busbahnhof stand und verzweifelt versuchte meine Navigations-App ans laufen zu kriegen, setzen sich unauffällig ein großer Schäferhund und ein Mischling neben mich. Zunächst war ich skeptisch, doch die Hunde wirkten nicht bedrohlich. Trotzdem habe ich sie vorsichtshalber lieber erstmal ignoriert und mich bei Passanten nach dem Weg erkundigt.

Als ich mich dann auf den Weg machte, standen die Hunde auf und begleiteten mich. Das war mir sogar ganz lieb, da sie die andere bellende Hunde von mir fern hielten. Die Gegend, durch die ich marschierte, war abgelegen und wirkte doch etwas gruselig, aber allein durch ihre Präsenz sorgten die Hunde dafür, dass andere Fußgänger die passende Distanz zu mir einhielten. An der Unterkunft angekommen, hatte ich leider weder Essen noch Trinken für meine vierbeinigen Freunde, also bedankte ich mich mit einer kleinen Streicheleinheit.
Ich traf die Hunde noch mehrfach, zum Beispiel warteten sie noch vor meiner Unterkunft als ich mich etwas später ins Zentrum aufmachte um etwas essen zu gehen. Seit dieser Begegnung habe ich eigentlich immer etwas Hundefutter oder Leckerlis in meiner Handtasche.

Freundlicher Schäferhund in Tilcara

Mittlerweile weiß ich, dass die Straßenhunde in den Touristengegenden gerne mal Touristen begleiten und sich über Gesellschaft und Aufmerksamkeit freuen. Allerdings muss man wissen, dass nicht alle dieser Hunde besitzerlose Straßenhunde sind, viele haben durchaus ein Zuhause.
Nur die Mentalität was die Hundehaltung betrifft ist etwas anders: viele Leute halten hier Hunde zur Bewachung von Haus und Hof. Wie in Deutschland auch gehen manche Besitzer mit ihren Hunden spazieren. Und dann gibt es noch die Besitzer, die ihre Hunde alleine Gassi gehen lassen. Wenn den Hunden danach ist, schlüpfen sie durch Zaun oder Tor und drehen eine Runde durch die Stadt. Die Freiheit, die diese Hunde haben, ist unglaublich, denn sie können beliebig die Gesellschaft anderer Leute und Hunde suchen, spazieren so viel sie wollen und sich natürlich obendrein hier und da noch einen Snack abholen. Die Dorfbewohner können viele der Hunde ihren Besitzern zuordnen, auch ohne Halsband oder Markierung, und behandeln sie dementsprechend nett. Das Leben dieser Hunde wirkt total entspannt und schön. Vermutlich bräuchte ich hier meiner Katze nicht mit dem Spruch ˋdu sollst ja auch nicht leben wie ein Hund´ kommen.

Straßenhunde in Bariloche, Argentinien

Doch das freie Hundeleben hat auch seine Schattenseiten, wie zum Beispiel die Gefahr des Straßenverkehrs. Unschön sind auch die zahlreichen Hinterlassenschaften auf den Gehwegen und die allgegenwärtigen Bellkonzerte. Doch neben dem Verkehr, dem Lärm und der Hundescheiße gibt es noch ein weiteres Problem: nicht alle dieser Hunde sind wohlerzogen und Menschen oder anderen Tieren freundlich gesonnen. So sagte mir der Herbergsvater in Purmamarca auf meine Frage ob man abends sicher alleine durch die Straßen gehen kann, dass die Menschen kein Problem seien, aber man sollte auf die Hunde aufpassen.
Denn am selben Tag hatte es einen Vorfall mit einer Belgierin aus dem selben Hostel gegeben. Diese war zu einem beliebten Aussichtspunkt in dorfnähe hoch gestiegen und ist beim Abstieg wohl zu nah an einen Privatgrundstück/Privatweg entlang gegangen (nicht alle Wanderwege sind hier mit Schildern ausgestattet). Daraufhin wurde sie von fünf Hunden umrundet und dann attackiert. Drei der Hunde konnten der Hausbesitzerin in der Nähe zugeordnet werden und waren gegen Tollwut geimpft. Die anderen beiden Hunde, die sich wohl aus Spaß dazugesellt hatten, waren unbekannte Straßenhunde und höchstwahrscheinlich nicht geimpft. Am Frühstückstisch berichtete sie mir dann, dass, laut der Ärzte, in Argentinien und den Nachbarländern seit über einem Monat der Tollwutimpfstoff für Menschen ausverkauft ist, und sie trotz ihrer zahlreichen Bisswunden keine Impfungen bekommen würde. Ich habe erstmal drei Kreuze gemacht, dass ich die Tollwutimpfungen schon in Deutschland gemacht habe. An ihrer Stelle säße ich wahrscheinlich direkt im Flieger nach Hause, doch sie wartete ob die Polizei die beiden Hunde noch ausfindig machen würde.

Solche Beißattacken scheinen hier wohl keine Seltenheit zu sein, denn eine andere Reisende berichte mir zeitnah von einem ähnlichen Vorfall in ihrem Hostel in einer anderen Stadt. Wenn ich das richtig beobachtet habe, ist die Kombination freilaufend & Wachhund mit besonderer Vorsicht zu genießen, da die Hunde oftmals den Gehweg und die Straße als Teil ihres Territoriums sehen.
Allerdings scheint mir das Hundefutter in meiner Handtasche auch bei solchen Begegnungen nützlich zu sein, zumindest ließen sich die unentschlossen Hunde mit einer raschelnden Plastiktüte bisher gut ablenken und wurden doch eher neugierig.

Ein Tässchen Kaffee ☕️

Auf einem meiner ersten Ausflüge in Argentinien war ich natürlich typisch deutsch unterwegs und etwas überpünktlich am vereinbarten Treffpunkt angekommen. Die Reiseleiterin meinte dann es wäre wohl noch Zeit für ein Tässchen Kaffee, bis die anderen Leute eintrudeln. Also setzte ich mich ins Café und bestellte mir eine Tasse Kaffee.

Typisch argentinisch ließ man sich trotz des fast leeren Lokals tüchtig Zeit mit der Bestellung und ich war ganz froh, dass ich kein Essen dazu bestellt hatte, denn das wäre doch zu knapp geworden. Nach über einer Viertelstunde brachte mir der Kellner dann den Kaffee zusammen mit einem Gebäckteilchen und einem kleinen Gläschen Wasser. 

Ein Tässchen Kaffee mit einem Wasserglas

Das Gratis-Gebäckteilchen zum Kaffee kennt man ja auch in Deutschland. Irritiert war ich etwas wegen dem Wasser, denn das hatte ich nicht bestellt und nun fragte ich mich wozu es dienen sollte. Das Gläschen war winzig und die Öffnung oben etwas größer. Auch wenn es mir von der Form nicht wie ein normales Wasserglas erschien, probierte ich es. Allerdings schmeckte es nicht wie Mineralwasser und es hatte auch keine Kohlensäure, obwohl hier viel Sprudelwasser getrunken wird. Normalerweise würde ich ja in so einer Situation unauffällig die anderen Leute beobachten und nachahmen, aber es waren kaum Leute da und keiner hatte Kaffee mit Wasser. 

Meine nächste Idee: das ist Leitungswasser zum Finger sauber machen bevor ich das Gebäck esse! Allerdings hatte ich mir kurz zuvor im Bad die Hände gewaschen und die Argentinier waren mir bisher nicht als besonders aktive Hände/Fingerwäscher erschienen. Trotzdem rührte ich halbherzig meinen Finger im Wasser und aß dann das Gebäck. Als ich mich dem heißen Kaffee widmen wollte, kam die Reiseleiterin und sagte, dass wir jetzt gleich losfahren würden. Also schnappte ich mir kurzerhand das Glas Wasser und kippte es in den Kaffee. Dieser wurde dadurch von der Temperatur her gut trinkbar und da der Kaffee in Argentinien eh stärker ist, schmeckte er auch nicht wässrig.

Leicht belustigt über meine Aktion erklärte mir die Reiseleiterin, dass es in Argentinien üblich ist neben dem Kaffee ein Gläschen Saft zu servieren, falls der Gast Durst hat (Kaffee ist wohl kein Durstlöscher). Allerdings würde heutzutage auch immer öfter Trinkwasser statt Saft serviert, hauptsächlich aus Kostengründen. Also mit nem Gläschen Saft hätte ich sofort gewusst was zu tun ist! ?

Das kommt mir spanisch vor!

Das argentinische Spanisch ist eigentlich ganz gut zu verstehen, vor allem wenn man weiß, dass der „j“-Laut „dsch“ ausgesprochen wird. Hinzu kommt noch eine Runde Vokabeln lernen, da es hier teilweise andere Bezeichnungen für Sachen gibt, zum Beispiel wird die Brille nicht „gafas“ sondern „anteojos“ (=vor den Augen) genannt. Die Argentinier verstehen zwar auch die spanischen Begriffe und den spanischen Akzent, es klingt für sie allerdings unglaublich versnobt und prollig. Andersherum muss ich wohl das ein oder andere argentinische Wort zu meinem Wortschatz hinzufügen, denn nicht alle sind so selbsterklärend wie Brille.

Mit Englisch kommt man hier nur bedingt weiter, denn in anderen Ländern ist das oftmals keine verpflichtende Fremdsprache, komischerweise auch nicht in den lateinamerikanischen Ländern.

Auf meiner Reise habe ich auch sehr nette Leute aus Brasilien kennen gelernt, und festgestellt, dass das brasilianische Portugiesisch doch einigermaßen zu verstehen ist, vor allem wenn sich beide Seiten bemühen. Und zur Not spielt man halt eine Runde Scharade und benutzt seine Gestik und Mimik. Eine weitere große Hilfe bei komplizierten Sachen und anderen Fremdsprachen ist die Übersetzungsfunktion der App Hostelworld, wo beide Seiten einfach ihre Nachricht aufs Handy quatschen und das spuckt dann die andere Sprache in Schrift- und Audio-Form aus. Lustig wird es nur bei Redewendungen und Umgangssprache.

Hier eine lustige kleine Geschichte was passiert, wenn man sich besonders intensiv aufeinander einläßt: Während eines lustigen Abends in der Bar habe ich mich mit meinen portugiesischen Freunden auf Spanisch unterhalten. Ein Spanier gesellte sich zu uns und sagte mir dann nach einer Weile, dass mein Portugiesisch echt gut wäre. Da war ich leicht verdutzt, denn eigentlich dachte ich ich hätte Spanisch gesprochen, zwar gespickt mit einpaar Worten anderer romanischer Sprachen, aber schon eine Art Spanisch. Das wollte ich ihm dann allerdings doch nicht sagen. Ein paar Tage später sagte ich dann meiner brasilianischen Freundin, dass ich ihr Portugiesisch von allen mit am besten verstehe. Ihre Antwort: „Das liegt daran, dass ich Spanisch spreche, so ein bisschen jedenfalls.“ Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass wir anscheinend fließend Spangiesisch, „portuñol“ oder „espanés“ (portugés+espanol) miteinander sprechen.

Buenos Aires und der liebe Verkehr

Eine noch recht leere und geordnete Straße in Buenos Aires

Die Megastadt Buenos Aires ist riesig und ich hatte die Größe doch etwas unterschätzt. Auf der Karte sieht halt alles irgendwie kleiner aus. Zum Glück konzentrieren sich aber die touristischen Aktivitäten auf einen überschaubaren Bereich und von dem Hostel in San Telmo kam ich ganz gut durch die in die verschiedenen Bereiche der Stadt.

Die Hauptstraßen sind mehrspurig, meist fünfspurig in eine Richtung aber einmal habe ich auch eine zehnspurige Straße überquert. Wobei die Linien sind ja doch eher als Dekoration zu sehen und nicht selten wird auch mal mittig gefahren. Man kommuniziert hier gerne mit der Hupe, zum Beispiel bevor man um die Ecke schießt werden dadurch schon mal die anderen möglichen Verkehrsteilnehmer begrüßt/gewarnt und bringen sich besser in Sicherheit, denn Hupen heißt anscheinend: ich fahr jetzt los… so oder so! Ähnliches gilt auch für die Zebrastreifen, die eigentlich nur Haltelinien bei roten Ampeln sind. Und wenn keine Ampel in der Nähe ist, dann markieren sie halt eine Straßenkreuzung, aber mit Fußgängern haben sie wenig zu tun und man muss sehr gut gucken, ob man gefahrlos drüber gehen kann. Fußgängerampeln sind auch eher rar, also orientiert man sich einfach an der Ampel für die Autos. Für mich ist das Straßengewirr immer noch etwas unübersichtlich, aber Dank der intensiven Verkehrsschulung in Buenos Aires sind alle anderen Städte bestimmt ein Klacks.

Meine Notlösung, wenn ich keine Ahnung habe wo ich bin und mir zuvor die Füße plattgelaufen habe, sind Taxis. Im Vergleich zu Deutschland ist das Taxifahren auch recht günstig. Allerdings sind die Straßen in Buenos Aires wegen der hohen Verkehrsdichte auch gerne mal verstopft. Besonders fies ist es, wenn gestreikt wird und die Streikenden mit ihren Fahrzeugen die kleinen Zufahrtsstraßen blockieren. Dann geht gar nichts mehr. Als wir es eines regnerischen Morgens eilig hatten und zum Hafen wollten um die Fähre nach Uruguay zu nehmen, haben wir mit dem Taxi aufgrund eines Streiks über 45 Minuten gebraucht…zu Fuß wären es nur 40 Minuten gewesen, aber halt im Regen. Schneller und günstiger ist man da mit dem Bus ( der hat teilweise eigene Fahrspuren) und der U-Bahn unterwegs, es ist aber auch ziemlich voll und wegen der hohen Anzahl der Taschendiebe haben fast alle die Handtasche und den Rucksack fest umklammert vor dem Bauch.

Zu Stoßzeiten sieht es hier etwas anders aus

Geduld ist eine Tugend

Warteschlange auf Warteschlange … eine Schlange folgt der anderen. Bisher war ich in noch keinem Land, in dem die Leute so oft und entspannt in langen Warteschlangen stehen.
Geduld ist ja angeblich eine Tugend, und zwar ein der wenigen Tugenden, die ich einst zu besitzen glaubte. Wenn man hier etwas unternehmen möchte, dann muss man viel Geduld mitbringen. Für jede Kleinigkeit bildet sich eine Schlange, an der seelenruhig gewartet wird. Denn warum sollte man mehrere Schalter öffnen, wenn es doch auch mit wenigen Schaltern geht? Stattdessen wird lieber in Sicherheitspersonal investiert, welches die Schlange beaufsichtigt und die Leute ab und an einen Schritt voran winkt. Kein Wunder, dass sich hier alles verzögert und verspätet.

Meine erste harte Wartelektion erwartete mich direkt bei der Ankunft. Als ich aus dem Flugzeug stieg, gab es zunächst die reguläre Passkontrolle. Die Schlange wirkte relativ kurz und ich freute mich schon auf die professionelle Abfertigung, aber da hatte ich noch nicht die riesige Wartehalle um die Ecke gesehen wo die Warteschlange erst richtig losging. Circa anderthalb Stunden später habe ich dann die Passkontrolle erfolgreich absolviert und durfte weiter zur Gepäckabfertigung. Die Anzeige und das Kofferband waren bereits abgestellt und ich fand meine Tasche bei den anderen herumstehenden Koffern. Nach zwei Stunden kam ich dann endlich in der Eingangshalle an. Jetzt nur noch Gelb abheben und dann zum Hostel. Also ab in die Warteschlange von den Bankautomaten. Aber Pustekuchen, die spuckten kein Geld aus, vermutlich war das Ding nicht visafähig. Versuch Nummer zwei am anderen Ende des Flughafens zu einem anderen Automaten einer anderen Bank. Dieser Automat hatte jedoch kein Geld mehr, was natürlich erst am Ende des Abbuchungsprozesses angezeigt wurde. Da hilft nur eins: direkt zum Bankschalter der Nationalbank gehen. Unter Beobachtung und Instruktion von drei Sicherheitsleuten stellte ich mich in die nächste Warteschlange. Die Sicherheitsleute waren allerdings eher Deko, denn sie waren eigentlich mehr mit lustigen Handyvideos und Quatschen beschäftigt. Eine Dreiviertelstunde später kam ich dann endlich zum Bankschalter nur um mir sagen zu lassen, dass man mit ausländischen Karten leider kein Geld am Bankschalter abheben kann. Pech gehabt! Also musste ich warten bis die Automaten aufgefüllt wurden und dann alle Karten ausprobieren bis ich etwas Geld hatte. So konnte ich mir dann ein Taxi in Richtung Hostel gönnen. Natürlich musste man auch für das Taxi anstehen, aber nur eine halbe Stunde. Im Hostel angekommen war auch hier wieder warten angesagt, denn nur weil auf der Internetseite steht, dass man früh einchecken kann, heißt das noch lange nicht, dass das auch wirklich umgesetzt wird. Also wieder eine Runde warten. So kam zu der Flugzeit noch eine Wartezeit von sechs Stunden hinzu, bis ich endlich in mein Hostelzimmer kam.

Ein weiteres Highlight war auch die Warteschlange im Flughafen in Iguazú, die ging nämlich einmal im Kreis um die Warteplattform herum. Alle reihten sich brav ein und standen an und es ging einfach nicht weiter, denn das Ende war auch der Anfang. Das passiert also, wenn keiner die Warteschlange organisiert und bewacht. Zum Glück habe ich an der Seite die zusätzliche kurze Warteschlange entdeckt, die auch wirklich im Check-in Bereich endete.

Urghs: Warteschlangen, Schmitzita dislike ??

Buenos Aires bei Nacht

Buenos Aires Bei Nacht
Oktober 2018

Es ist tierisch viel los bei Nacht. Als Touristin stand natürlich der Besuch einer Tango-Show ganz oben auf meiner Wunschliste. Und daher hab ich mir gleich an zwei Abenden verschiedene Tango-Shows angeschaut. Vorab gab es ein leckeres mehrgängiges Menü und Getränke all-inklusive. Dann kamen die Musiker auf die Bühne und verschiedene Sänger und Tanzpaare interpretierten die Musik. Die eine Show zeigte die Entwicklung des Tangotanzes und die andere interpretierte verschiedene Stücke einer berühmten Tango-Persönlichkeit. Natürlich sind auch Fotografen rundgegangen und wollten den Gästen Fotos des unvergesslichen Abends verkaufen. Bei der ersten Show war ich leider alleine unterwegs, da kurzfristig die anderen Leute aus dem Hostel abgesagt hatten. Das war schon etwas merkwürdig, besonders beim Essen, denn sie setzen mich nicht an einen Gruppentisch, sondern ganz romantisch an einen Zweiertisch. Und auch der Fotograf vergaß da unhöflicherweise ein Foto von mir zu machen. Beim zweiten Mal war ich dann in netter Gesellschaft, was das ganze viel lustiger machte.

Tangoshow El Querandi
Oktober 2018

Tangoshow El Querandi
Oktober 2018

In den Straßen herrscht abends eine schöne Atmosphäre und trotz der Reiseführerwarnungen bin ich nach einem Theaterabend auch alleine zurück zum Hostel getapert. Ich bin einfach der selbstausgedachten Gehweg-Regel gefolgt: je schlimmer und zerstörter die Gehwege, desto mehr Vorsicht ist geboten. Also habe ich mir die Gehwege angeschaut und die sahen noch ganz in Ordnung und halbwegs gepflegt aus, daher wird der Bereich wohl in Ordnung gewesen sein. Auf die Idee haben mich die anderen Deutschen im Hostel gebracht, die einmal in einem nicht so tollen Viertel mit ziemlich kaputten Gehwegen gelandet waren.

Schmitzita entdeckt ein Casino
Oktober 2018