Warum schreibt sie eigentlich nicht?

Jaaa, also das ist so:

an vielen Orten bleibe ich meist nur ein oder zwei Tage. Wenn ich mich morgens bzw. vormittags gut ausgeschlafen auf den Weg mache, dann habe ich mir meist eine Reihe von Besichtigungspunkten ausgeschaut, die ich dann nach und nach abarbeite. Fertig bin ich dann meist am späten Nachmittag. Dann ist es auch höchste Eisenbahn einen netten Campingplatz zu suchen, denn die guten kleinen Freedom-Campingplätze füllen sich meist zwischen 17-18Uhr und viele reguläre Campingplätze schließen ihr Office für den Check-in auch gegen 18Uhr. Wenn ich dann etwas schönes gefunden habe, bereite ich den Bulli für die Nacht vor (Sachen umräumen& auf die Vordersitze packen, Bett aufbauen etc.) und beginne zu kochen, … auf der Südinsel natürlich in steter Gesellschaft von blutdurstigen Sandfliegen. Gegen 20Uhr beginnt die Dämmerungsphase und die Moskitos gesellen sich zu uns. Sobald die Sonne weg geht wird es oft richtig kalt (auch im Auto), gerne mal windig und mit etwas Glück kommen Regenwolken dazu, so dass es Zeit wird sich in den Bulli zurückzuziehen und sich die Route und die Ausflugsziele für den nächsten Tag auszusuchen. 

Und hier wird es nun etwas komplizierter:

Abgesehen davon, dass es im für die Nacht vorbereiteten Bulli recht unbequem ist zu schreiben und sich die Kälte nicht aussperren läßt, habe ich auch oftmals keinen Strom. Denn der Bulli hat keine zweite Batterie, und die Autobatterie  zapfe ich nur ungern an, vor allem wenn ich nur kurze Strecken fahre. Leider sind sowohl mein Handy als auch mein Tablet nicht so reisefreudig wie ich, und kränkeln mittlerweile rum: so verabschiedet sich mein Tablet gerne mal spontan und für mehrere Stunden, egal was der Akkustand sagt. Meistens kann ich noch die Bilder von der Kamera übertragen, in die Dropbox & auf den Social Media Seiten hochladen und einen Anruf nach Hause starten, aber dann wird es eng und mein Handy muss zur Reise und Routenplanung herhalten. Hinzu kommt, dass es auf etlichen Freedom-Campingplätzen keinen oder nur sehr schwachen Internet Empfang gibt.

Auf einem richtigen Campingplatz gönne ich mir ja manchmal Strom oder benutze die Steckdosen in den Gemeinschaftsräumen. Dort ist es aber auch meist so gesellig, dass ich nur die Geräte auflade und währenddessen mit anderen Campern quatsche. Tja, also bleiben eigentlich nur die Tage zum schreiben, wenn ich krank bin oder es zu doll regnet um etwas zu unternehmen. Ach was seh ich da; die Sonne☀️ kommt raus … ich bin dann mal weg!

Freedom Camping am Lake Pukaki
Lake Pukaki

Interessante Bekanntschaften: ‚Herman The German‘

Herman The German

In der Nähe von Thames, NZ campte ich an einem abgelegenen Platz direkt am Meer. Auf dem Campingplatz befand sich nur ein weiterer Camper und ein Kombi im Gebüsch. Irgendwann kam der Mann aus dem Kombi auf mich zu und begrüßte mich freundlich. Ich hatte zunächst mächtig Schwierigkeiten sein Englisch zu verstehen. Das lag wohl daran, dass es gar kein Englisch, sondern tiefstes Schwäbisch war und mein Gehirn sich erst umstellen musste. Einer der Bauarbeiter dem ich einen Tee angeboten hatte, hatte ihm wohl gesagt, dass ich Deutsche bin. 

Er stellte sich als ‚Herman The German‘ vor, und der Name war Programm. Herman war Ingenieur und ihn interessierte alles was mit Technik zu tun hatte: Bierbrauen, Milchmelkmaschinen, Bauarbeiten, Angeln, Autos … gefühlt alles.

Freedom Camping

Es wunderte mich sehr, dass Herman im Kombi auf dem Parkplatz übernachten wollte, denn der war eigentlich nur für unabhängige self-contained Fahrzeuge, das heißt Camper mit Frischwasser & Abwassertanks, Waschbecken, Toilette und Mülleimer. Diese werden an einer offiziellen Stelle zertifiziert und man bekommt das Zertifikat und den Sticker ans Auto geklebt. Mit diesen Fahrzeugen kann man an ganz vielen Orten in Neuseeland gratis campen und wer dagegen verstößt muss tüchtig Strafe zahlen.

Natürlich hatte Herman kein solches Zertifikat am Auto, welches ihm das Freedom Campen erlaubte. Seine Lösung: er fotografierte es sich von meinem Auto ab um sich demnächst selbst eins auszudrucken und bis dahin wollte er einfach so versteckt in den Büschen parken, dass ihn keiner sieht. Kann man natürlich so machen …

Der Ausflug

Außerdem meinte Herman es gäbe ja ganz in der Nähe öffentliche Toiletten und eine Barbecue-Station. Das wunderte mich, weil die auf meiner Camping-App gar nicht verzeichnet waren. Herman meinte dann er würde sie mir kurz zeigen, wir könnten eben mit seinem Auto vorbeifahren. Also für mich heißt ja ganz ‚in der Nähe’, dass man nachts mit drückender Blase fix hinlaufen kann, aber ich bin einfach mal mitgefahren.

Es stellte sich raus, dass die Toiletten ca. 3,5 Kilometer entfernt waren, also nichts wo man mal eben hinlaufen konnte (denn wenn man wegfährt ist die Chance groß, dass jemand anderes sich den Gratis-Campingplatz schnappt). Auf dem Rückweg wollte mir Herman unbedingt noch die lokale Brauerei in Thames  zeigen, die ein so leckeres, hopfiges Bier braute. Beim Eintreten sagte er nur „Da bin ich wieder “ und er wurde freundlich zurück gegrüßt; anscheinend hatte er hier bereits zur Mittagszeit tüchtig Bier verköstigt. Jetzt wusste ich auch wieder warum ich normalerweise nicht mit Fremden mitfahre. Naja, wo wir schon mal da waren, probierte ich ein kleines Bier und nachdem Herman seinen zweiten Krug geleert hatte, machte die Brauerei leider/zum Glück zu und wir fuhren zurück.

Ein merkwürdiger Autokauf

Auch in Neuseeland muss man sein Auto an einer KFZ-Stelle, bei der Post oder ähnlichem umschreiben. Dies geht total einfach und schnell. Herman war jedoch der Meinung das bräuchte man hier nicht, also hat er es auch nicht umgeschrieben. Hermans Vorteil: der Vorbesitzer muss alle Strafzettel bis zur Umschreibung bezahlen (und ich glaube da kommt so einiges auf ihn zu). Hermans Nachteil: der ehemalige Besitzer kann das Fahrzeug als gestohlen melden und dann muss er erstmal das Gegenteil beweisen. Fahrzeugpapiere wie bei uns gibt es nicht wirklich.

Aber auch der Kauf an sich schien mir dubios: Herman hatte seinen Kombi zu einem sehr günstigen Kurs erstanden und unter recht merkwürdigen Umständen von der bekifften Tochter des Vorbesitzers abgeholt, ohne den Verkäufer je gesehen zu haben oder die Hintergrundgeschichte des Autos recherchiert zu haben (das geht hier einfach online, per Email oder SMS). So entspannt und unbedarft muss man erstmal sein, dachte ich mir, und erinnerte mich an meine eigene lange Autokaufcheckliste.

Tausche Butter gegen Brot

Wieder auf dem Campingplatz angekommen, schaute sich Herman an, wie ich in meinem Camper Hängekörbe befestigte und meinte, ich solle doch mit seinem Auto weiter machen. Das lehnte ich dankend ab, gab ihm aber einpaar Meter von meiner Schnur, damit er sein Vorzelt verankern konnte. Irgendwann wurde ihm langweilig und er meinte so ohne Sprit wäre der Abend doch eher öde, also zog er nochmal los Wein oder Bier zu kaufen. Spät am Abend klopfte es dann an mein Fenster und Herman sagte, er würde sich gerade Spiegeleier braten, ob ich nicht noch ne Scheibe Brot für ihn hätte. Im Gegenzug hätte er eine kleine Portion Butter für mich. Also holte ich etwas Brot aus meiner Kühlbox und wir tauschten Butter gegen Brot.

Am nächsten Morgen war Herman fort und ich zog einige Orte weiter zu einem anderen hübschen Freedom-Campingplatz. Dieser war auch am Strand, aber belebter und mehrere Camper waren bereits da. Als ich dort am nächsten Morgen vor meiner Camper-Küche stand um mir einen Kaffee zu machen, kam plötzlich laut hupend ein Kombi auf den Platz gefahren. Da war er wieder, und heißes Wasser für Kaffee konnte er auch gebrauchen. Herman war schon seit den frühen Morgenstunden unterwegs und hatte von Fischern eine kaputte Kühlbox ergattert. Bei der Kühlbox war der Griff abgebrochen und Herman erinnerte sich daran, dass ich Werkzeug, Schrauben und Winkel da hatte um meine Camperküche etwas aufzupimpen. Sein Vorschlag: Er tausche eine Orange und ein angedetschtes Ei gegen Schrauben und einen Winkel. Zufällig hatte ich tatsächlich einen Winkel und Schrauben übrig, also tauschten wir erneut.

Nach der Reparatur zeigte er mich stolz einen abgerissenen Angelhaken mit Köder und Bleikugel, den er irgendwo gefunden hatte und mit dem er gerne angeln wollte. Da ich am Vorabend gesehen hatte, dass auf dem Platz ein passionierter Fischer war, schickte ich Herman zu ihm. Die Herren waren dann so beschäftigt, dass ich mich kurz verabschiedete und unauffällig weiterzog.